Übersicht:

1. Die neue Serie: BESCHRIFTETE GELDSCHEINE

1.0. GELDQUELLE, Installation

1.1. KLEINE KREISLAUF-GESCHICHTE

1.2. WASSER - GELD, Broschüre 2012, PDF

2. Die vorangehenden Arbeiten

2.1. WORUM ES GEHT (Reale und Schein-Welten), 1995

2.2. UND KOMMEN UND GEHEN (4 Kreisläufe), 1998

2.3. SCHWARZE LÖCHER (Text im Bild), 2004

2.4. DIE ROSE (Text zu einer Tuch-Bemalung beim Schweizerischen Sozialforum), 2005

1. Die neue Serie: BESCHRIFTETE GELDSCHEINE

Seit Mai 2009 werden mit Texten versehene Geldscheine einzeln und in Gruppen gestaltet und gerahmt und in Umlauf gebracht. In den Texten sollen Impulse gegeben werden zum Nachdenken über das Funktionieren und nicht Funktionieren unseres Geldsystems, verbunden mit der Hoffnung auf anregende Diskussionen um Möglichkeiten zur Entwicklung eines zukunftsfähigen, weniger störanfälligen und nicht mehr die Erde zerstörenden Geld- und Wirtschaftssystems. Sie sind zu verstehen als Beitrag zur Suche nach demokratischen Wegen zur Weiterentwicklung und Umgestaltung unseres Geld- und Wirtschaftssystems, das nach Zeiten des Wachstums und der Sättigung nun vielleicht in einer Phase der Transformation zu einem funktionstüchtigen Kreislauf weiterentwickelt werden sollte. Der überwiegende Teil dieser Geldscheine wird auf dieser Website unter Bilder / Geldwelten abgebildet.

1.0. GELDQUELLE

Installation in der Badeanstalt "Utoquai", Zürich 2009, für die Ausstellung "sagenhaft":

Der sagenhafte Reichtum der zehn superreichsten Schweizer war Ausgangspunkt der Installation und wurde in seiner unvorstellbaren Dimension ins Bewusstsein gebracht. Installierte Fontänen deuteten an, wie das Wasser es macht: es steigt und fällt. Dazwischen ragten Aluminiumstangen mit dem Durchmesser einer schweizer 1-Franken-Münze entsprechend der Höhe der Geldvermögen in den Himmel: 5,70 Meter hoch war die längste davon. Und dabei symbolisierte die Dicke einer 1-Franken-Münze ein Vermögen von 10 Millionen! Das erzeugte Erstaunen und machte wach für die Unvorstellbarkeit der Grösse von Milliardenvermögen. Und es wies darauf hin, dass da etwas nicht stimmt im Geldsystem, gerade wenn man es mit dem Wasserkreislauf vergleicht. Das wurde unterstrichen durch Kurztexte, die man, unter anderem auf Banknoten geschrieben, in der Umgebung der Installation finden und lesen konnte.

1.1. KLEINE KREISLAUF-GESCHICHTE

Kreisläufe kennen wir aus der Natur. So den Wasserkreislauf und unseren Blutkreislauf. Der Geldkreislauf ist kein natürlicher Kreislauf. Und doch hilft das Wissen um das Funktionieren von jenen bei der Einschätzung der Prozesse bei diesem. Es gibt Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Im Kreislauf der Jahreszeiten zum Beispiel bekommt das Leben durch die Impulse von Wärme und Kälte den Rhythmus von Werden und Vergehen. Es transportiert dabei sich selbst von einem Jahr zum andern durch Wachsen, sich Vermehren, Vorräte bilden und sich zurück ziehen. Dagegen verwandelt sich das Wasser im Wasserkreislauf in verschiedenste Zustände und in besonderer Weise dient es dabei der Entwicklung und Erhaltung von Leben. Diese Funktion kann man in der menschlichen Gesellschaft auch dem Geld zuschreiben. Es durchdringt zwar nicht alle, aber doch sehr viele Bereiche des menschlichen Lebens. Es fällt zwar nicht vom Himmel, jedoch gibt es Überlegungen, dies tatsächlich so zu handhaben, dass man von staatlicher Seite Geld Monat für Monat an alle gleichmässig verteilt - verbunden mit der Pflicht, es auch auszugeben. Geld muss fliessen, sonst erfüllt es seine Funktion nicht, wie Wasser. Doch Wasser, wenn es steht, verdunstet, es entschwindet. Ebenso sollte es vielleicht mit dem Geld sein: Ist es im nächsten Monat weniger wert, wird man es besser in diesem Monat noch ausgeben. So bleibt es im Fluss. Und braucht man es nicht, gibt man es jemandem anderen, der es brauchen kann. Einfach so. Weil man es selbst nicht braucht. Ohne Anspruch auf finanziellen Gewinn, nur aus Freude am eigenen Überfluss - und damit es fliesst, das Geld. Nehmen wir eine Idealsituation: Da ist zunächst der Kältepol, das ist die National- oder Zentralbank, die das Geld druckt und an Geschäftsbanken ausleiht, Kredite vergibt. Diese behandeln jene wie Samenkörner, geben Kredite weiter an Unternehmer mit guten Ideen, damit sie diese Ideen auf fruchtbarem wirtschaftlichem Boden wachsen lassen und ihre Entwicklung betreuen können. Der Unternehmer hegt und pflegt seine Wirtschaftspflanze und versorgt sie mit Hilfe des erhaltenen Geldes, das er wie Wasser benutzt. Er giesst seine Wirtschaftsidee mit Arbeitskräften, Rohstoffen, Hilfsgütern, ergänzt sie durch Zulieferungen bis zur Perfektion, kauft Verpackungsmaterial für die Früchte seiner und seiner Mitarbeiter Arbeit. Alle werden dafür mit Geld, als sei es das Wasser des Lebens, bezahlt. Und auf dem Markt, auf dem nun die Früchte ihrer Arbeit neben all den Produkten anderer Produzenten angeboten werden, kauft jeder für sich selbst all das, was er und sie brauchen und was andere in der Zwischenzeit produziert haben. Der Unternehmer rechnet genau, wie viel er ausgegeben hat für seine Produktion, damit er auch so viel beim Verkauf wieder zurück bekommt, wie er vorher bei der Bank ausgeliehen hat. Tag für Tag geht das Geschäft. Die Menschen sind freudig bei der Arbeit, manchmal kommen sie ins Schwitzen. Ehrlich und warmherzig reden sie auf dem Markt miteinander, freuen sich gemeinsam über die Erfolge ihrer Produktion, ein buntes Treiben sorgt für heitere Stimmung. Das ist der Wärmepol: die Gemeinschaft der schaffenden Menschen, über das Geld in fairen Austauschprozessen miteinander verbunden. Und Abend für Abend wird das Geld in der Kasse gezählt, zur Bank gebracht und dort verbucht, bevor es in kalter Nacht verschwindet. Geordnet, gestapelt, erstarrt liegt es da, bis es wieder gebraucht wird - der Kältepol, wie bei den Jahreszeiten der Winter. Bis das Geld wieder gebraucht wird am nächsten Morgen oder im nächsten Frühjahr für die nächste gute Idee, die wachsen soll. Doch was passiert, wenn ein raffinierter Unternehmer sich auf dem Markt eingeschlichen hat? Er nimmt einfach ein gutes Stück mehr für seine Produkte, als er von der Bank erhalten hat. Er zahlt es nicht an die Bank zurück, sondern erweitert damit seine Produktion und nimmt auch jetzt wieder viel mehr, als er zur Produktion gebraucht hat von den Kunden. So schnell merkt keiner, dass sich alle nun nicht mehr ganz so viel leisten können wie früher. Aber nach einiger Zeit wird es bei manchen knapp mit dem Geld. Kein Problem für den inzwischen reichen Herrn: Er leiht aus, dort wo es fehlt, gegen Zinsen natürlich. Und so wächst sein Konto weiter, weiter, weiter. Bis alle nichts mehr haben und er alles. - Nun, so weit kommt es nicht so schnell, denn in Wirklichkeit ist alles viel komplizierter. So kompliziert, dass man das Einfache nicht mehr sieht: Das Geld muss fliessen und die Menge des Geldes muss der realen Wirtschaftskraft entsprechen. Alle anderen Klumpungen, Aufblähungen, Verknotungen, Wucherungen, Stauungen des Geldes sind eigentlich nur Fehlgeburten menschlicher Cleverness, entstanden in kalten Köpfen ohne warme Herzen. Sie verhindern nicht nur gesundes Wachstum, sondern auch vernünftige Begrenzung und Reifung, dort wo diese an der Zeit wären - und so geht es weiter und weiter. Und wenn es nicht verändert wird, so wachsen die Vermögen der wenigen bis zu den Sternen und die Erde wird kleiner und kleiner.

2.1. WORUM ES GEHT (Reale und Schein-Welten), 1995

Diese vierteilige Arbeit (je 1 x 1 m) fügt sich ein in die Reihe der Bilder mit Stadt- und Landkarten. Sie bezieht sich auf den weltweiten Geldfluss zwischen den Börsenstädten, von denen beispielhaft vier der wichtigsten ins Bild gebracht sind: Frankfurt, Zürich, Tokio und New York. Die vier Einzelbilder lassen sich in verschiedener Weise zu einem grossen Quadrat zusammenfügen, so dass jeweils eine dieser Städte, die als Stadtplanausschnitte an den Ecken eingearbeitet sind, den Mittelpunkt bildet. Von dort ziehen rechtwinklig die Geld-Bahnen der Börsenaktivitäten durch die Malerei hindurch zu den anderen Börsenstädten. So wie die Spekulationsgelder um die Welt fliessen, fliessen sie durch verschiedenes Zusammensetzen der Bilder von Börsenzentrum zu Börsenzentrum. In ihrer klaren Winkelführung und dem Schwarz-Weiss-Grau weisen sie auf ihren kalt kalkulierenden Charakter hin, der im Gegensatz steht zur lebendig farbintensiven Malerei als Ausdruck vom eigentlichen menschlichen Leben mit seiner Wachheit, Lebendigkeit, Freudigkeit und Intensität im positiven Sinne. In diesen farbigen Bildteilen finden sich schwarzweisse Fotoausschnitte, die auf die Rolle des Geldes im Leben des Einzelnen, der Gesellschaft und der ganzen Welt hinweisen. Sie sind durch ihr Schwarzweiss und die Rechtwinkligkeit einerseits verbunden mit der Börsentätigkeit, aber andererseits sind sie abgekoppelt von ihr mitten in der farbigen Lebendigkeit, denn es geht da um das Geld, das real mit unserem Leben verbunden ist. Die Fotoausschnitte (grösstenteils aus der Presse) zeigen negative, fragwürdige, und zur Mitte der vier Bildteile hin, positive Wirkungsmöglichkeiten von Geld. Dort sind sie am kleinsten, während sie dort, wo die negativen Auswirkungen zu sehen sind, am grössten sind. Ganz in der Mitte, und nach aussen kleiner werdend, steht das rote Quadrat zeichenhaft für das Verantwortungsempfinden der Menschen. Es ist Teil des Menschwerdungs-Zeichens, das auch in anderen Arbeiten zu finden ist und sich auch hier ergänzt mit den Kombinationen von Dreieck und Kreis, welche die Handlungs- und die Denkaspekte des Menschen symbolisieren. Dieses Menschwerdungszeichen ist des Öfteren in den Arbeiten aus der Mitte der 90er Jahre zu finden und weist auf Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Ebenen des menschlichen Daseins hin. In diesem Bild sind die Teile dieses Zeichens weit voneinander entfernt zu finden, um zu verdeutlichen, wie weit die rationale Einsicht in notwendige Veränderungen und tatsächliches Tun in diesem Sinne noch voneinander entfernt sind. Den Charakter des Geldes zu verändern, den Umgang mit ihm zu transformieren und es zu einem Instrument zu machen, das allen Menschen wirklich dient und nicht nur einer kleinen Schicht würde einher gehen mit dem Zusammenführen der Teile des Menschwerdungs-Zeichens zu einem geschlossenen Symbol. Dieses Bild wäre zu verwirklichen - eine grosse Aufgabe. Da das Bild Mitte der 90er Jahre entstand, findet man in den Geldflüssen noch die alten europäischen Landeswährungen und die alten Schweizer Franken-Scheine.

2.2. ...UND KOMMEN UND GEHEN... Ein Bild mit vier Kreisläufen, als drittem der Geldkreislauf

Kreisläufe sind geschlossene Systeme. Hat ein Organismus eine feste Grösse erreicht, halten sich aufbauende und abbauende Prozesse die Waage. Es entsteht ein dynamisches, fliessendes Gleichgewicht, bei dem mal die zusammenziehende, kontrahierende, mal die auseinandertreibende, expandierende Seite überwiegt. Beide Prozesse können auch gleichzeitig stattfinden, aber dann sind sie räumlich getrennt. Ein lebendiger Organismus kann beide Prozesse in sich vereinen und steuert sie so, dass das Hin- und Herschwingen von dem einen zum anderen Extrem ein Pulsieren erzeugt, das eine Art Lebensrhythmus schafft. An vier Beispielen ist im Bild aufgezeigt, wie die wesentlichen Komponenten zusammenwirken und was passieren kann, wenn die Waage zwischen den Prozessen gestört wird. Es geht um den Kreislauf der Jahreszeiten, des Wassers, des Geldes und des Blutes.

Der Jahreskreislauf: Beginnen wir bei dem Jahreskreislauf des Erdorganismus Gaia. Während auf der Südhalbkugel Sommer ist, ist auf der Nordhalbkugel Winter. Das Kreisen der Erde um die Sonne in schräger Achsenlage erzeugt diese Wechsel. Im Winter sind die Kräfte und Säfte der Natur tendenziell zur Ruhe gekommen. Die Vegetation zieht sich ins Wurzelreich zurück. Die Bäume zeigen nur ihr Gerippe, nur Knochen-Äste, keine Blätter, keine Atmung - Winterschlaf, auch bei vielen Tieren. Das Wasser, im Sommer nicht greifbar, formt sich zu klar strukturierten greifbaren Kristallen. Alle Formen sind klarer - ein kühler Geist hat die Oberhand. Es ist keine Zeit der lebendigen Aktivitäten - eher des in sich gekehrt Seins und Träumens, des Denkens und Ideen Entwickelns. - Im Frühling beginnen dann die Erwärmung, das Fliessen des Wassers, das Keimen und der Wachstumsprozess der Pflanzen bis hinein in den Sommer. Doch schon bald beginnt die Blütenbildung. Immer dort, wo es blüht, stoppt das Wachstum, die Blätter verwandeln sich in eine neue Qualität: Blüten- und Keimblätter. Schliesslich beginnt die Reifung der Früchte, des Samens: der Herbst. Es ist eine Zeit der beginnenden Konzentration: die Säfte der Pflanze werden dick, süss und saftig, die Samenkerne hart, in ihnen speichert sich Sonnenenergie als Öl und Fett als Starthilfe für das nächste Jahr. Die biochemischen Aktivitäten in den Blättern reduzieren sich, werden ganz eingestellt, und schliesslich fällt die Produktion von Frühling und Sommer zur Erde zurück. Sie ist verbraucht. Sterben und Zerfall setzen ein und schliesslich kommt alles ganz zur Ruhe, zum Ausgangspunkt zurück. Aber alles ist auch ein kleines Stück weiter. - Was wäre jedoch bei einer ewigen Fortdauer des Frühlings passiert, des ewigen Wachsens? Keine Blüten, keine Früchte, keine Konzentration. Nur ewiges Wachsen, Wuchern - immer dichter, immer enger, alles überwuchernd, nur Produktion von Menge, keine Qualitätssteigerung, mehr, mehr, mehr...

Der Wasserkreislauf: Wie sieht es beim Wasserkreislauf aus? Auch da ein Wärme- und ein Kältepol. Die Wärme, die sich durch die Sonneneinstrahlung an der Erdoberfläche bildet, führt zur Verdunstung. Dann, in höheren, kühleren Regionen bilden sich Kondensations-tropfen, schliesslich Wolken. Diese verringern massvoll die Sonneneinstrahlung, trotzdem beginnt bald der Regen und das Wasser fällt, an andere Orte getragen, zum Boden zurück. Dort versickert es und sucht seine unterirdischen Wege oder aber es gerät in die Biosphäre, wo es in den kleineren Kreisläufen der Tiere, Pflanzen, Menschen, Mikroorganismen einige Runden dreht, um dann von dort aus zu verdunsten, oder um schliesslich auch zu versickern, dann zu quellen und zu fliessen und früher oder später auch wieder zu verdunsten, dann wenn die Wärme es zulässt. Ein erdumspannendes, aber feines Gleichgewicht sorgt für die regelmässige Versorgung der lebendigen Erdorgane der pflanzlichen, tierischen und letztlich auch menschlichen Biosphäre - grosse und kleine Biotope, die wie Organe der Erde funktionieren. Wenn die Pole des Wärme- und Kältegleichgewichtes des Wasserkreislaufs aus dem Gleichgewicht geraten, dann nehmen hier die Trockenheit und da die Wassermassen überhand, es kommt zu Dürre und zu Überflutung. Ewiger Regen ist wie ewiger Frühling, wie ewiges Wachsen, wie Überwucherung. Und auch: wie Inflation, wie endlose Geldmengen, die den Markt überschwemmen. Oder wie endlose Warenmengen, die die Menschen überschwemmen und das eigentliche Leben unter sich ersticken lassen. Dagegen die Dürre: Mangel an Geld oder Mangel an Waren, manchmal an beidem. Und wie im Wasserkreislauf ist es auch beim Geldkreislauf: Was hier fehlt, ist dort zu viel, wenn die Zirkulation nicht richtig funktioniert.

Der Geldkreislauf: Und damit sind wir beim nächsten Kreislauf. Der Geldkreislauf ist kein natürlicher Kreislauf. Und doch hilft das Wissen um das Funktionieren von jenen bei der Einschätzung der Prozesse bei diesem. Immer mal wieder taucht die Behauptung auf, Geld sei das Blut des Wirtschaftskreislaufes. Das überprüfen wir noch. Vergleichen wir erst den Geldkreislauf mit den bereits erwähnten Kreisläufen. Es gibt Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Im Kreislauf der Jahreszeiten bekommt das Leben selbst durch die Impulse von Wärme und Kälte den Rhythmus von Werden und Vergehen. Es transportiert nur sich selbst von einem Jahr zum andern (und nebenbei bindet es Sonnenenergie an die Erde). Im Wasserkreislauf verwandelt sich das Wasser in verschiedenste Zustände und in besonderer Weise dient es dabei der Erhaltung und Entwicklung von Leben. Diese Funktion kann man auch dem Geld zuschreiben. Es durchdringt zwar nicht alle, aber doch sehr viele Bereiche des menschlichen Lebens. Es fällt zwar nicht vom Himmel, jedoch gibt es Überlegungen, dies tatsächlich so zu handhaben, dass man von staatlicher Seite Geld Monat für Monat an alle gleichmässig verteilt - verbunden mit der Pflicht, es auch auszugeben. Geld muss fliessen, sonst erfüllt es seine Funktion nicht, wie Wasser. Doch Wasser, wenn es steht, verdunstet immerhin, es entschwindet. Ebenso das Geld bei diesem Konzept: Es ist im nächsten Monat nichts mehr wert, darf nicht mehr benutzt werden. Doch sehen wir uns an, wie das Geld fliesst. Nehmen wir eine Idealsituation: Da ist zunächst der Kältepol, das ist die Nationalbank, die das Geld druckt und an Kreditbanken ausleiht. Diese behandeln es wie ein Samenkorn, geben es als Kredit weiter an Unternehmer mit guten Ideen, damit sie diese Ideen auf fruchtbarem wirtschaftlichem Boden wachsen und sich entwickeln lassen können. Der Unternehmer hegt und pflegt seine Wirtschaftspflanze und versorgt sie mit Hilfe des erhaltenen Geldes, das er wie Wasser benutzt. Er giesst seine Wirtschaftsidee mit Arbeitskräften, Rohstoffen, Hilfsgütern, ergänzt sie durch Zulieferungen bis zur Perfektion, kauft Verpackungmaterial für die Früchte seiner und seiner Mitarbeiter Arbeit. Alle werden dafür mit Geld, als sei es das Wasser des Lebens, bezahlt. Und auf dem Markt, auf dem nun auch die Früchte ihrer Arbeit angeboten werden, kaufen sie für sich selbst all das, was sie brauchen und was andere in der Zwischenzeit produziert haben. Der Unternehmer rechnet genau, wieviel er ausgegeben hat für seine Produktion, damit er auch so viel beim Verkauf wieder zurück bekommt, wie er vorher bei der Bank ausgeliehen hat. Tag für Tag geht das Geschäft. Die Menschen sind freudig bei der Arbeit, manchmal kommen sie ins Schwitzen. Ehrlich und warmherzig reden sie auf dem Markt miteinander, freuen sich gemeinsam über die Erfolge ihrer Produktion, ein buntes Treiben sorgt für heitere Stimmung. Das ist der Wärmepol: die Gemeinschaft der schaffenden Menschen, über das Geld in fairen Austauschprozessen miteinander verbunden. Und Abend für Abend wird das Geld in der Kasse gezählt, zur Bank gebracht und dort verbucht, bevor es in kalter Nacht verschwindet. Geordnet, gestapelt, erstarrt liegt es da, bis es wieder gebraucht wird - der Winter. Bis es wieder gebraucht wird am nächsten Morgen oder im nächsten Frühjahr für die nächste gute Idee, die wachsen soll. Doch was passiert, wenn ein kaltherziger Unternehmer sich auf dem Markt eingeschlichen hat. Er nimmt einfach doppelt so viel für seine Produkte, wie er von der Bank erhalten hat. Er zahlt es nicht an die Bank zurück, sondern erweitert damit seine Produktion und nimmt auch jetzt wieder doppelt so viel, wie er zur Produktion gebraucht hat, von den Kunden. So schnell merkt keiner, dass sich alle nun nicht mehr ganz so viel leisten können wie früher. Aber nach einiger Zeit wird es bei manchen knapp mit dem Geld. Kein Problem für den inzwischen reichen Herrn: Er leiht aus, dort wo es fehlt, gegen Zinsen natürlich. Und so wächst sein Konto weiter, weiter, weiter. Bis alle nichts mehr haben und er alles. - Nun, so weit kommt es nicht so schnell, denn in Wirklichkeit ist alles viel komplizierter. So kompliziert, dass man das Einfache nicht mehr sieht: Das Geld muss fliessen und die Menge des Geldes muss der realen Wirtschaftskraft entsprechen. Alle anderen Klumpungen, Blähungen, Verknotungen, Wucherungen, Stauungen des Geldes sind eigentlich nur Fehlgeburten menschlicher Cleverness, entstanden in kalten Köpfen ohne warme Herzen. Sie irritieren nicht nur gesundes Wachstum, sondern auch vernünftige Begrenzung und Reifung, dort wo diese an der Zeit wären.

Der Blutkreislauf: Kommen wir zum Schluss zum vierten Organismus, zu uns und unserem Blutkreislauf. Da finden wir eigentlich keinen Kältepol. Der liegt eher ausserhalb des Körpers und sorgt beim Zurückfliessen des Blutes zum Herzen für eine gewisse Abkühlung. Dort, beim Herz aber finden wir die Kontraktion, das Zusammenziehen der Herzmuskeln, das Unter-Druck-Setzen des Blutes. Es erhält einen Impuls, mit dem es dann in einer nächsten Runde durch den Organismus fliesst. So wie das Geld von der Bank seinen Impuls bekommt, ins Wirtschaftsleben der Gesellschaft zu fliessen, um dort die Austauschverhältnisse zu ermöglichen, die für die Produktion notwendig sind, so fliesst das Blut durch die Gewebe des Körpers, versorgt diese wie Arbeitskräfte, transportiert Zwischenprodukte und Hilfsstoffe und Abfall und damit auch Informationen, was da und dort noch zu tun ist. Auch das Geld transportiert Informationen. Dort, wo es ist, ist es normalerweise ein Hinweis darauf, dass ein Austausch stattgefunden hat, der aber noch nicht abgeschlossen ist. So hat jemand eine Arbeit gemacht, also seine Arbeitskraft auf den Markt gegeben, und nun steht ihm eine Gegenleistung im gleichen Wert zu. Das bringt sein Lohn zum Ausdruck. Diese Information trägt das Geld. Und so verbindet auch das Blut die Organe des Körpers zu einem Wirtschaftsorganismus mit Produktion und Verbrauch, dem Stoffwechsel. Der Körper selbst ist der Markt und damit der Wärmeproduzent. Nachfrage und Angebot regeln die Produktion und ist der Körper ausgewachsen, müssen sich diese in einem Gleichgewicht befinden. Es ist klar, was bei Überproduktion passiert. Zum einen versucht der Körper, schneller mehr Abfall zu produzieren und zum anderen werden die zu vielen, teilweise sind es auch die falschen Produkte, hier und da ein- und abgelagert. Verkalkung, Verfettung, Übergewicht überfordern das Kreislaufsystem. Es gerät unter Stress, unter Rhythmusstörungen (Wirtschaftskrise), einige Gebiete werden unterversorgt. Irgendwann gibt es einen Kollaps, einen Infarkt, den Zusammenbruch. Oder stellen wir uns vor, das Blut verselbständigt sich. Es wird vom Impulsgeber und Transporteur zum zentralen Machtfaktor. Alle Produktion im Körper dient nur noch der Blutproduktion, Mehrwert schafft Blutvermehrung. Könnten sich die Blutgefässe immer weiter vergrössern, würde es in inflationären Mengen durch den Körper rauschen und irgendwann alles mitreissen oder aber es müssten Extraorgane geschaffen werden, wo sich das Blut seinen Aktivitäten hingeben kann: Blutbörsen und Handelsmärkte für Aktien auf die einzelnen Körperorgane. Dort wird spekuliert, wie weit diese noch weiter wachsen und man tauscht sich seine Spekulationseinsätze in Form von immer grösseren Blutreserven aus, die im Körper selbst sowieso keinen Einsatz mehr finden könnten. Alles gleitet ins Absurde, wenn das rechte Mass verloren geht. Das Herz muss bestimmen und regeln können, wieviel Blut wie schnell durch den Körper fliesst. Der Körper allein kann dies nicht regeln. Ihm fehlt die Orientierung aufs Ganze, so wie der Wirtschaft die Orientierung auf die Gesamtheit der Bedürfnisse der menschlichen Gesellschaft fehlt. Jedes Organ produziert wie ein Unternehmen, aber keinem steht die Vorherrschaft zu. Es hat sich nach der tatsächlichen Nachfrage zu richten. Darüber informiert das Blut, das Geld, die Vermittler mit dem Wissen um das rechte Mass. In der Natur ist dieses Wissen um das rechte Mass von selbst verborgen. In der menschlichen Gesellschaft, die ihre Kreisläufe selbst konstruiert, muss es bewusst errungen und eingesetzt werden. Der Markt allein regelt die Dinge nicht, denn er ist kein Naturprodukt.

2.3. SCHWARZE LÖCHER, 2004

Text im weissen Feld des Bildes: Hier sitzen, gehen, stehen wir - wachsen, welken, werden weise Wachsen und welken. - Weise werden? Wir wollen wachsen, Wachstum, Wachstum. Zwingend Wachstum, Wachstum, Wachstum. Weise werde! Wer braucht Wachstum? Weise werden? Niemals, nie! Wer da schreit? - Es sind Millionen! Millionen auf den Konten, Millionen in den Kassen der Multimillionäre Schwarze Löcher, wie sie saugen. Zinsen ziehen weite Kreise Und sie saugen und sie suchen: Schuldner, Städte, Staaten, mehr... Zinsgewinne saugen, saugen. Saugen unsre Taschen leer. Wachstum, wachsen, wachsen, wachsen. Wir nicht mehr. Wir welken, werden weise?

2.4. DIE ROSE, 2005 Text zu einer Tuch-Bemalung beim Schweizerischen Sozialforum:

Die Rose wächst, entwickelt sich, stoppt ihr Wachstum. Sie wandelt ihre Blätter, bildet Blüten und Früchte und zieht sich dann zurück. Und wächst im nächsten Jahr wieder neu - aus Früchten und aus dem Wurzelstock. Der Mensch wächst, entwickelt sich, stoppt sein Wachstum. Er blüht auf, zeugt Nachkommen und entwickelt Ideen, kann sogar weise werden und stirbt schliesslich. Und lebt weiter durch seine Nachkommen und vielleicht durch verwirklichte Ideen (verwurzelt in der Gemeinschaft). Die menschliche Gemeinschaft wächst und entwickelt sich. Bald ist genug für alle da. Die Menschen erlangen Wohlstand, finden Zufriedenheit in gegenseitiger Unterstützung und in der Entwicklung ihrer selbst. Man engagiert sich in der Bildung, Forschung, in Kunst, Kultur und Sport. Man fliegt zu den Sternen und pflegt die Erde. Wenn da nicht... Auch die Wirtschaft wächst, entwickelt sich, blüht auf, produziert und verzweigt sich, wächst und schafft neue Niederlassungen, wächst und sucht neue Märkte, wächst und schafft neue Bedürfnisse, wächst und investiert in neue Wachstumsbranchen, wächst und sucht neue Geldanlagen, wächst und lässt Gewinne wachsen, wächst und kauft auf, was sich kaufen lässt, wächst und lässt unrentable Zweige absterben, wächst und lässt andere an ihrem Müll ersticken, wächst, und wo nicht, tut sie wenigstens so, wächst und lässt Blasen platzen, wächst und lässt Investitionskapital wachsen, wächst und lässt Gewinne wachsen, wächst und wächst und frisst und frisst.

Welcher Saft fliesst in diesen Adern? Welche Droge putscht diesen Moloch auf?